Kindermund - April 2023 - Leben, Natur, Kultur, Chronik

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Kindermund - April 2023

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Boschstraße, ein Innenhof zwischen mehrgeschossigen Häusern.
Zwei Jungs stecken die Köpfe zusammen, die Bänke formen einen Platz, ganz frei und gepflastert, an sich. Schultaschen liegen herum, einzelne Grußkarten und Kuverts haben sich am Boden verteilt. Als ich nach Stiege Neun frage, wissen sie´s nicht, ob es die „B…lstiege“ ist. Kurz darauf haben sie sich verzogen.
 
Da biegen plötzlich Volksschüler um die Ecke. Die Mädchen mit Skatern an den Füßen. Eine mit grauer Woll-Strumpfhose, ein paar Jungs, bestenfalls sieben Jahre, kommen laufend hinterher. Man balgt sich um den letzten, gar nicht mehr freien Platz auf der Bank, derweil die daneben leer bleiben. Die resolute in ihrer Strumpfhose gibt nicht nach. Die Mädchen behaupten sich. Ich spreche mit Ihnen, der einen fliegen wenig später die erst mühsam zusammengesammelten Bildkarten samt Kuverts fast wieder im Wind auseinander, sie hatte sie mit ihrer Puppe beschwert,  jedenfalls liegt sodann wieder alles am Boden.
Ich rede ein wenig mit ihnen und sie sind nett zu mir. Unbeschwert und unverstellt benehmen sie sich. Als Vater erkennt man sowas.
Schließlich kriege ich einen Anruf, die Radnabenkappen, deretwegen ich hier gelandet bin, sind im Anmarsch und gleich darauf bin ich wieder raus aus dem Hof mit den unbeschwerten Kindern.
 
Ich fahre von Heiligenstadt bis zum Schwedenplatz, steige um in die U1. Irgendwo am Praterstern, oder ein zwei Stationen weiter stürmen vier vielleicht acht-, ein höchstens zehnjähriger  Bub dabei, direkt zu meiner Sitzecke. Einer hat einen kleinen Scooter mit Lenker, den er wenig später als spielerisches Gewehr benutzen wird. Die vielleicht gut 50jährige Begleiterin lässt die Buben alleine sitzen und hält sich etwas abseits, die Gruppe stets im Blick.
In schnellem Redefluss teilen die Jungs ihre Begeisterung, der mit dem Scooter hat wirklich dünne Beine, die neuen Schneidezähne passen noch nicht richtig zwischen die Milchzähne. Ich verstehe kein Wort. Als wir an der Uno-City vorbeifahren, spielen Leute American Football und ich sage das zu ihnen. Sie sind offen und schauen, sie reden, als wär ich gar nicht da. Das Wort Ukraine fällt und die Gewehrszene kenne ich aus meiner Kindheit und ich denke das Naheliegende. Die Dame steigt mit einem der Jungs aus, die anderen bleiben noch ein zwei Stationen und plaudern munter weiter. Ziemlich unbeschwert. Als ich wenig später selbst die U-Bahn-Treppe hinunterlaufe, kommen zwei sehr dunkle Menschen die Treppe herauf, ich denke an Australien. Wow, denk ich für mich, was für eine Vielfalt. So ist Wien eben auch. In München tät man vielleicht sagen, ja, so samma. Ich sag nur, der Gründonnerstag war halt so. 6.4.2023, Wien.
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